23. Januar 2017
NÜRNBERG - Vereine sind ein wichtiges Instrument, wenn es um die Integration von Flüchtlingen geht. Der Boxsportverein des 1. ASC Nürnberg-Süd gibt ein gutes Beispiel dafür ab, indem er kostenfreies Training für eine Integrationsklasse der Schule Hummelsteiner Weg anbietet.
Boxen ist brutal, Boxen ist stumpfsinnig. In der Liste der weit verbreiteten Vorurteile sind diese Aussagen zum Boxsport mit Sicherheit unter den Top Ten. Dass es in Wirklichkeit um Teamgeist, Koordination und Disziplin geht, will nicht nur der ASC in Nürnberg nach außen demonstrieren. Das Boxtraining für Flüchtlingskinder ist ein Weg dazu.
Die Zusammenarbeit mit der Mittelschule Hummelsteiner Weg lag nahe, weil der Weg nahe liegt. Der ASC Nürnberg-Süd hat seine Halle schließlich ebenfalls am Hummelsteiner Weg. Nummer 43. Die angesprochene Lehrerin der Integrationsklasse habe sich gleich offen dafür gezeigt, berichtet Trainer und Vorstandsmitglied Harald Retzer.
Die Schüler der Integrationsklasse waren ebenfalls dankbar für die Chance. Der Verein ist sich seiner Verantwortung bewusst und so steht nicht nur der sportliche Aspekt, sondern auch der integrative, gesellschaftliche im Vordergrund. Konkret: „Wir haben mit einigen auch die Begrüßung eingeübt. Ein fester Händedruck, Blickkontakt — das gehört dazu“, sagt Retzer. Und quasi nebenbei wird die Sprachkenntnis gefördert.
Erwartungsgemäß ist es nur ein Teil, der möglicherweise dabeibleiben wird — aber hier gebe es schon hoffnungsvolle Kandidaten. Etwa den 14-jährigen staatenlosen Alex, der nach Ansicht des Trainers einen großen Eifer an den Tag legt. Auch zwei syrische Jugendliche gleichen Alters sowie zwei Teenager aus Rumänien haben Ehrgeiz gezeigt.
Für die Schüler ist das Training ein besonderes Ereignis. „Unsere erste Trainingseinheit war das Tagesgespräch an der Schule“, erhielt Retzer als Rückmeldung von der Lehrerin. Und was ihn auch freut: „Bei der nächsten Schülerzeitung wollen die Schüler einen eigenen Beitrag darüber verfassen.“
Am Anfang des Trainings steht Taktik, Schnelligkeit und Ausdauer. Bewährt hat sich hier das gute alte Seil. „Beim Seilspringen werden Schnelligkeit, Koordination und Kondition geschult“, sagt der 50-jährige Harald Retzer, der selbst in seiner Jugend beim 1. FCN aktiv war.
Große Klagen über Nachwuchsmangel wie in manch anderen Vereinen gibt es beim ASC nicht. „Wir haben auch eine Mädchengruppe, die schöne Erfolge vorweisen kann. Die Jüngste ist neun Jahre alt“, sagt Retzer. Schwankungen durch Trends gibt es freilich. Retzer kennt das von früher: „Wenn die Rocky-Filme liefen, war am Montag darauf die Halle voll.“
Das Engagement für den Sport kennt bei den Aktiven des ASC kaum Grenzen. So wurde die Halle jetzt mit viel Eigeninitiative auf Vordermann gebracht, zudem übernehmen sie Fahrten der Sportler zu verschiedenen Kämpfen. Retzers Tochter Anne-Marie ist der Stolz des Vaters und früheren Trainers: Sie wurde an den Box-Olympiastützpunkt Heidelberg berufen. Ihr Ziel: die Olympischen Spiele in Tokio 2020.
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Quelle: Nürnberger Nachrichten